Ohne Koffer in Berlin
Eigentlich war alles knapp bemessen: das Budget, das Gepäck, die Zeit, die Räume im Container-Hotel und am Ende auch die Kräfte der 47 Schülerinnen und Schüler des E-Jahrgangs, die sich am Mittwoch und Donnerstag der vergangenen Woche in Begleitung von vier Lehrkörpern nach Berlin begeben haben, um sich dort mit historischem und politischem Input zu versorgen. Letzterer allerdings war gar nicht knapp. Zunächst stand das Deutsche Historische Museum auf dem Programm mit einem Gang durch die deutsche Geschichte. Mit der Tram ging es dann nach Hohenschönhausen. Dort waren die Führer durch das ehemalige Stasi-Gefängnis aus unterschiedlichen Gründen zwar etwas „gewöhnungsbedürftig“, aber die Erkenntnisse über die dunkelste Seite der DDR-Geschichte auf traurige Weise beeindruckend.
Am späteren Abend war dann noch Gelegenheit, in der Südseestrand-Atmosphäre neben Palmen zwischen den Containern etwas abzuchillen, bevor die Lehrer den Zapfenstreich ausriefen.
Am nächsten Tag wurde der Reichstag besucht. Während eine Gruppe sich durch den Sitz des Deutschen Bundestages führen ließ, erlief sich die jeweils andere Gruppe weitere historisch-politische Ziele. Die Gedenkstätte Berliner Mauer „mit Originalstück der Mauer“ war zwar im Ganzen noch informativ, aber nicht sehr anschaulich. Einige nicht für sich selbst sprechende Überreste der Grenzbefestigungen wurden durch kaum lesbare Metalltafeln erläutert. Schade, dass man seinerzeit nicht Teile der Grenzanlagen als historische Denkmäler erhalten hat. Das wäre anschaulicher und beeindruckender gewesen.
Unweit des Potsdamer Platzes befindet sich das Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“. An dieser Stelle hatte früher die Zentralen der Geheimen Staatspolizei, der SS und des Reichssicherheitshauptamts ihren Sitz. Mit dokumentarisch-sachlichen Ausstellungen bemüht man sich hier heute um eine Aufbereitung der NS-Geschichte. Leider war die Zeit viel zu knapp bemessen, um diese Bildungsangebot angemessen zu nutzen.
Auf den Fußmärschen durch Berlin wurde auch der legendäre Grenzübergang „Checkpoint Charlie“ passiert, der aber nur noch ein touristischer Gag ist.
Auf der historischen Führung durch den Reichstag gab es viele wissenswerte Details über die Geschichte und Gegenwart des Gebäudes und die deutsche Parlamentsgeschichte zu erfahren. Auf dem Rundgang wurden viele exponierte Standorte des Reichstagsgebäudes besucht und erläutert, etwa die Reste des Tunnels zum Reichstagspräsidentenpalais (garniert mit einer Theorie zum Reichstagsbrand 1933), ein Raum mit freigelegter Graffiti von Rotarmisten oder natürlich der Plenarsaal, in dem die Sitzungen des Bundestages stattfinden. Hier löcherten die Schüler den Guide mit zahlreichen Detailfragen, etwa zum Sonderplatz des Wehrbeauftragten, nach der hölzernen Fahnenstange der Bundesflagge oder dem einsamen Stuhl von Erika Steinbach.
Am Nachmittag ging es dann zurück nach Reinbek. Zwei anstrengende, aber lohnende Tage. Berlin ist wirklich eine Reise wert.